Der Prozess zentrale Themen und Motive

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Der Prozess – zentrale Themen und Motive

Das Romanfragment ‚Der Prozess‘ von Franz Kafka wird vielen Schülerinnen und Schülern im Abitur begegnen.

Zentrale Themen und Motive

In literarischen Werken stellen die Motive die zentralen Elemente dar, die sich laufend wiederholen und somit immer wieder im Roman aufgegriffen werden.

Der Prozess zentrale Themen und Motive – Schuld

Leitmotiv ‚Schuld‘

In diesem Roman ist das Leitmotiv die Frage nach Joseph K.’s Schuld, mit welcher der Leser schon ab dem Beginn des Romans konfrontiert wird.

Da eine personale Erzählweise vorliegt, der Leser also nur das weiß, was auch der Protagonist weiß, können die Fragen, auf die der Protagonist im Roman keine Antwort bekommt, nicht beantwortet werden.

In dem Roman stellen sich jedoch schon gleich zu Beginn viele Fragen über die Schuld  K.’s, beispielsweise möchte man erfahren, warum K. verhaftet wurde oder ob er tatsächlich schuldig ist.

Da ‚Der Prozess‘ auf einer hypothetischen Erzählweise basiert und zusätzlich viele wichtige Informationen über Orte oder genaue Daten nicht gegeben sind, muss jeder Leser Antworten vermuten und sich seine eigene Meinung bilden.

Deswegen kann im Allgemeinen auch nicht beantwortet werden, ob K. nun schuldig ist oder nicht.

Indizien, dass K. schuldig ist, findet man jedoch in seinem fremdbestimmten Leben, in seinem Fehlverhalten und gleichzeitig in seiner Passivität. Dadurch resultiert sowohl die Schuld von K., die er sich selbst gegenüber aufweist, als auch eine existenzielle Schuld, die durch seine Lebensart (Vermeidung, menschliche Beziehungen einzugehen etc.) zu begründen ist.

Der Prozess zentrale Themen und Motive – Macht

Ein weiteres Motiv ist die Macht, die im Roman entweder durch körperliche Gewalt (Prüglerszene), durch sexuelle Anziehungskraft (Leni versucht durch ihre sexuelle Macht K. von ihr abhängig zu machen) oder durch die Sprache (Advokat gewinnt Macht über K. durch Belehrungen/Titorelli gewinnt Macht über K. aufgrund seines Wissens über das Gericht) zu erkennen ist.

Zudem werden die Machtverhältnisse, die die einzelnen Figuren zueinander haben, durch die Position der Figur im Raum gekennzeichnet und durch die Größenverhältnisse verdeutlicht.

Zuletzt fällt auf, dass das Gerichtswesen für K. im Laufe der Handlung immer mehr an Bedeutung gewinnt. Das Gericht stört laufend sein sonst so geregeltes Alltagsleben. In jedem Moment, in dem er mit dem Gericht in Verbindung steht, kommen Figuren und Unbekannte (Nachbarn etc.) hinzu, in deren Macht (enstehend durch Blicke, Geflüster etc.) K. zusätzlich steht.

Der Prozess zentrale Themen und Motive – Kleidung

Der Prozess zentrale Themen und Motive
Der Prozess zentrale Themen und Motive

Auch die Bedeutung/Wirkung der Kleidung ist nicht zu vernachlässigen. Zum einen fühlt sich speziell K. durch seine Berufskleidung geschützt. Diese verbindet ihn mit seinem Beruf und mit seinem geregelten Alltagsleben. Wird ihm diese weggenommen (vgl. Hinrichtung K.’s), ist er anderen Figuren unterlegen und schwächer als diese.

Außerdem gibt die Kleidung (vgl. Bild vom Richter) manchmal vor, eine Person mit höherem Einfluss zu sein. Gegensätzlich kann sie auch den (Nicht-)Besitz einer Figur darstellen: verdeutlicht durch Schmuck/Hüte.

Besonders detailiert beschrieben wird die Kleidung bei Figuren, die einen großen Einfluss auf K.’s Leben haben.

Der Prozess zentrale Themen und Motive – Reinheit und Schmutz

Da das Gerichtswesen auf K. bedrohlich wirkt, nimmt er die Orte im Gericht als schmutzig und unordentlich wahr (vgl. Prüglerszene → Rumpelkammer = unordentlich).

Das Motiv ‚Reinheit und Schmutz‘ kann zusätzlich auf die sexuelle Anziehungskraft (vgl. Leni ↔ K.) bezogen werden. Leni dient als Lockvogel des Gerichts. Durch ihr Mitleid, ihre Hingabe und ihre Fürsorge gegenüber dem Advokaten scheint sie sich wirklich gut um ihn zu kümmern. In Wirklichkeit versucht sie aber den Kreis der von ihr sexuell abhängigen Angeklagten zu erweitern, um so ihr Machtbedürfnis zu befriedigen. Hier setzt Kafka die Geschlechtsakte mit Unreinheit gleich und sogar Nicht-Betroffene, wie K.’s Onkel bezeichnen diese als ’schmutziges Ding‘.

Der Prozess zentrale Themen und Motive – Krankheit

Neben den augenscheinlichen Mängeln, die viele Figuren aufweisen (vgl. Advokat Huld → gilt als dauerhaft krank und schwach, Leni hat eine deformierte Hand), kann das Motiv der Krankheit auch als Metapher interpretiert werden. Bezieht man sich hier auf K., fällt auf, dass sobald dieser sich über einen längeren Zeitraum im Gericht aufhält, bei ihm plötzlich körperliche Schwächen auftreten. So wird ihm beispielsweise die stickige Luft in den Kanzleien eine Last; sowohl Schwächeanfälle als auch totale Orientierungslosigkeit und Konzentrationsschwäche sind die Folgen.

Der Prozess zentrale Themen und Motive – Zwei gegensätzliche Welten

‚Der Prozess‘ spiegelt zwei vollkommen gegensätzliche Welten wider.

Zu Anfang wird die geregelte, gewöhnliche Alltagswelt (vgl. Bank, die Pension) klar von der Gerichtswelt, deren Merkmale Enge, Zwielicht, stickige Luft, Unordnung, Schmutz und Improvisation sind, getrennt.

Im Laufe des eigentlichen Prozesses jedoch dringt das Gerichtswesen immer schwerwiegender in die Alltagswelt K.’s ein und engt diesen gleichzeitig ein, sodass er zuletzt seinen Pflichten und seinem Beruf nicht mehr nachgehen kann. Dabei dienen Treppen, Türen und Fenster als Schwelle zwischen beiden Welten. Schließlich fokussiert er sich vollständig auf seinen Prozess und vernachlässigt dabei alles andere.

Der Dom spiegelt an dieser Stelle eine Verbindung dieser beiden Welten wider. Dieses Bauwerk beinhaltet sowohl K.’s Alltagsleben, als auch Beziehungen zum Gericht durch das Auftreten des Gefängnisgeistlichen.

  1. selbst erkennt diese beiden Welten nicht. Er versucht in beiden zu bestehen und kann aufgrund seiner beschränkten Perspektive aus keiner dieser beiden Welten entfliehen. Der einzige Weg hinaus führt ihn am Schluss zu seiner Hinrichtung, wo sich seine Erkenntnis jedoch viel zu spät ergibt.

Der Prozess zentrale Themen und Motive – Isolation

Schon zu Beginn des Romans wird deutlich, dass die Hauptfigur, Joseph K., ein unausgeprägtes Sozialleben führt und kaum persönliche Beziehungen hat. Außerdem weist er ein selbstzerstörerisches Verhalten auf und gibt sich nach anfänglicher Auflehnung und Empörung gegen Ende selbst auf.

Das wichtigste Motiv ist natürlich das Leitmotiv nach der Schuldfrage Joseph K.’s, weil auf dieser Frage die Handlung des gesamten Romans beruht. Durch die anderen Motive kann  die Entwicklung und die Handlung K.’s in dem Roman gedeutet werden, sowie zum Teil auch dessen Prozess.

Weiterführende Links

Auf youtube gibt es ein Hörbuch, welches vielleicht für euch interessant sein kann: Hörbuch.