Der Erste Weltkrieg Klausur inklusive Lösung
1) Analsieren Sie den Ihnen vorliegenden Text.
2) Erläutern Sie den Standpunkt des Autors und beziehen Sie historisches Wissen mit ein.
3) Beurteilen Sie den Standpunkt des Autors.
Der Erste Welktrieg Klausur – Aufgabe 1
Der Professor of Modern European History Christopher Clark thematisiert in der voliegenden wissenschaftlichen Sekundärliteratur „Die Schlafwandler“ die Kriegsschuldfrage des ersten Weltkriegs. Dazu wählt er den 100. Jahrestag des Beginns des Ersten Weltkrieges 1914. Der Autor, der seinen Forschungsschwerpunkt auf die preußische Geschichte legte, verfasste die wissenschaftliche Abhandlung 2013 in München. Da eine solche Textart detaillierte Belege und intersubjektive Nachvollziehbarkeit vorweist, richtet sich der Text an ein fachwissenschaftliches oder zumindestens interessiertes Publikum, das sich mit der Grundthematik des Ersten Weltkriegs auskennt. Der Autor versucht seine Leser von seinen Ansichten über die Frage der Kriegsschuld zu überzeugen.
Der Text lässt sich in fünf Sinnabschnitte gliedern.
Im ersten Abschnitt (Z.1-4) wirft der Autor die Frage nach der Kriegsschuld auf und erläutert, dass diese zwar durch den Artikel 231 des Versailler Vertrages auf Deutschland und seine Bündnispartner fälllt, aber bei Diskussionen um den Ursprung des Krieges immer noch im Mittelpunkt steht.
Daurauf wird Bezug auf eine Antwort der Frage von Fritz Fischer genommen (Z. 3-16).
Nach diesem einflussreichen Mann trage das Deutsche Reich die Hauptschuld am Kriegsausbruch.
Die Deutschen wären nicht zufällig in den Krieg geraten sondern hätten sich ganz bewusst dazu entschieden und einen Krieg geplant um ihre europäische Isolation hinter sich zu lassen und um die Weltmacht zu erlangen. Christopher Clark erklärt in diesem Zusammenhang, dass es Zusammenhänge zwischen dem Verarbeiten der NS-Ära und der Fischer Kontroverse gibt. Neben der vielen Kritik der Thesen Fischers habe eine entschärfte Version noch heute eine große Bedeutung.
Im nächsten Abschnitt (Z. 17- 22) wird einleitend zu Paul Kennedys Standpunkt die Frage nach der Nötigkeit eines Plädoyes gegen einen einzelnen oder die Rangordnung der Staaten nach ihren Schuldanteilen gestellt. Paul Kennedy sehe es in seinem Standardwerk zum Ursprung des Krieges als wichtig an einen Schuldigen festzulegen und der Kriegsschuldfrage nachzugehen. Man dürfe nicht „allen oder keinem“ (Z.21) die Schuld geben. Man solle den Täter konkret festlegen.
Darauf ( Z.22-41) geht der Autor die Problematik der Beantwortung der Kriegsschuldfrage ein. Das Problem liege nicht darin möglicherweise den Falschen zu treffen, sondern zum Beispiel in unsausweichlichen Vorurteilen. Außerdem würde eine Partei am Ende Recht und eine andere Partei Unrecht zugesprochen bekommen. Der Autor fragt ob es von den Serben falsch war das Serbentum vereinen zu wollen und ob die Österreicher damit Unrecht hatten eine Unabhängigkeit Albaniens zu fordern. Auch stellt er hier die Frage, wer „falscher“ (Z. 29) handle, bewertet diese Frage aber direkt als unwichtig. Er kritisiert, dass das „Blickfeld eingeent“ (Z.30) wird und man den vielseitigen Prozess gegenüber einer Fokussierung Einzelner bevorzugen sollte.
Problematisch sei auch, dass zur Beantwortung der Schuldfrage zusammenhängende Absichten der Entscheidungsträger von den Ermittlern konstruiert werden. Der Kriegswille und die Verursachung müssen als Beweis dargelegt werden. Es bestünde die Gefahr von Verschwörungstheorien, die zwar zu moralischer Befriediegung führen und möglicherweise eine tatsächliche Erklärung bringen aber diese Argumentation wird aus Sicht des Autors hier nicht „erhärtet“ (Z. 41).
Im letzten Abschnitt (Z. 42-58) hebt Clark seine Meinung nochmals hervor. Er betont, dass man beim Kriegsausbruch nicht wie im Film einen Schuldigen bei seinem Handeln erwischen kann, da man „keine Tatwaffen“ (Z.43) als Beweismittel finden kann. Alle Mächte würden diese Tatwaffe tragen. Deshalb sieht der Autor den Kriegsausbruch nicht als Verbrechen, sondern als Tragödie an. Trotzdem betont er die Wichtigkeit der Annerkennung von Fritz Fischers Thesen. Die deutsche und österreichische „kriegerische und imperalistische Paranoia“ (Z.46), die sich in politischem Handeln zeigt, sollte nicht vergessen werden. Doch finde sich ein solches Verhalten auch bei den anderen Mächten. Er bewertet den Kriegsausbruch unter anderem als Ursache grausamer Politik. Da jedoch die Ereignisse eine so hohe Komplexität mit sich bringen, würde die Diskussion um die Schuldfrage noch weiter gehen. Seiner Meinung nach war der Erste Weltkrieg mit keinem Anliegen zu rechtfertigen. Er erklärt sich abschließend den Kriegsausburch durch die Hoffnungen auf einen kurzen Krieg der Staatsmänner, die die Risiken nicht einkalkulieren und so als „Schlafwandler“ (Z.57) in den Ersten Weltkrieg zogen und dabei durch ihre Ängste die Realität nicht erkannten.
Der Erste Welktrieg Klausur – Aufgabe 2
Der Autor setzt sich in seinem Text sehr kritisch mit der Beantwortung der Kriegsschuldfrage auseinander. Aus Sicht des Autors führt die Zuweisung der Schuld zu vielen Problemen, da „Vorurteile“ (Z. 25), „ ein eingeengtes Blickfeld“ (Z. 30) und das Konstruieren von „kohärenten Absichten“ (Z. 34) nicht ausbleiben. Zwar sieht der Autor im Ansatz eine „moralische Befriedigung“ (Z. 38) und eine mögliche Richtigkeit der Schuldzuweisung, die aber bei den vorliegenden Quellen aus seiner Sicht nicht gegeben sei. (vgl. Z. 39-42). Der Autor kritisiert den Versuch jemanden „auf frischer Tat ertappen“ (Z.43) zu wollen und erklärt dieses als nicht möglich da alle Mächte (vgl. „Akteure“ (Z. 44)) am Handeln beteiligt sind. Seiner Meinung nach wäre zwar die „kriegerische und imperalistische Paranoia“ (Z. 46) von Österreich und Deutschland (vgl. 47) zu kritisieren, doch würde man diese auch bei anderen Mächten finden (vgl. Z. 48). Im Weiteren sieht der Autor eine Ursache des Krieges in der „grausamen politischen Kultur“ (Z.50). Doch vorallem betont er die Komplexität der Ereignisse die zu einer fortlaufenden Diskussion führen werden (vgl. Z. 52). Der Autor sieht den Krieg als Katastrophe an, die es nicht wert war (Z. 54). Seiner Meinung nach seien die Staatsmänner „Schlafwandler“ (Z. 57), die auf einen kurzen Krieg hofften und durch Angst (vgl „Alpträume (Z. 57)) die Realität nicht erkannten.
Um den Standpunkt des Autors besser zu verstehen macht es Sinn weitere historische Zusammenhänge herzustellen. Konkret bezieht der Autor sich auf einige Ereignisse, die zu erläutern sind. Beispielsweise spricht er in Zeile 11 vom „Griff nach der Weltmacht“, die die Deutschen versucht haben zu erlangen. Durch die Kaiserkrönung Wilhelm 2. (1888) wurde in Deutschland versucht die Weltherrschaft zu erlangen. Wilhelm 2. betrieb neben anderen Ländern Prestigepolitik, die von Chauvinismus und Nationalismus geprägt war. Er versuchte eine Weltmachtstellung zu erlangen und strebte einen „Platz an der Sonne“ an. Dieses auch imperalistische Steben zeigte sich in den Marokkokrisen, die auch als Ursache und somit zur Schuldfrage herangezogen werden können. Beispielsweise in der ersten Marokkokrise (1905) gewann Frankreich immer stärkeren Einfluss in Marokko. Da Deutschland Mitspracherecht forderte, kam es zu Konflikten, bis Deutschland schließlich in der Konferenz von Algeciras (1906) isoliert wurde.
Auch deutet der Autor indirekt die Balkankonflikte an, indem er Bezüge zu der Vereinigung des Serbentums anspricht (Z. 27). Hierbei sollte man an die russiche Unterstützung Serbiens erinnern, die zu Konflikten auch mit europäischen Mächten geführt hat. Der Balkan wurde als ständiger Krisenherd bezeichnet und war damit eine Ursache des Ersten Weltkriegs. In der einer Balkankrise annektierte Österreich-Ungarn (1908) Bosnien und Herzegowina, was zu protesten in Serbien und Russland führte und zudem zu einer russichen, österreichischen und serbischen Mobilmachung. Deutschland forderte Österreich-Ungarn dazu auf gegen Serbien vorzugehen und Russland seine Unterstützung Serbiens aufzugeben. Russland lenkte, geschwächt durch den verlorenen Krieg mit Japan (1905), schließlich ein. In einer anderen Balkankrise kam es zu weiteren Konflikten, die zu Spannungen führten, die bis zum Ersten Weltkrieg anhielten. Russland unterstützte Befreiungsbewegungen auf dem Balkan, sodass es zum Balkanbund (1912) zwischen Serbien, Montenegro, Bulgarien und Griechenland kam. Damit richtete sich Russland bewusst gegen die Türkei, welche im ersten Balkankrieg (1912) weitestgehend alle europäischen Besitzungen verlor. Da die Aufteilung der “Beute“ nicht gelöst werden konnte, kam es erneut zum Balkankrieg (1913), aus dem Serbien als Gewinner hervorging. Von tragender Bedeutung für den Ersten Weltkrieg und die Kriegsschuldfrage waren auch die Bündnisse, die schon vor Kriegsbeginn Feinde und Verbündete herausstellten und mögliche Kriegskonstellationen vorgaben. Von besonderer Bedeutung war der Zweibund (1879) zwischen Österreich- Ungarn und Deutschland, der einen Beistand bei einem Angriff Russlands oder dessen Unterstützung einer anderen Macht festlegte. Zudem sollte bei alleinigem Angriff wohlwollende Neutralität bewahrt werden. Dem gegenüber standen die Entente Mächte zusammen gehalten durch die Triple Entente (1907), in welcher sich Russland, Großbritannien und Frankreich zusammen taten. Deutschland stellte diesen Zusammenschluss als „Einkreisungspolitik“ dar. Nicht im Text erwähnt, aber unbedingt für die Schuldfrage erforderlich sind die Ereignisse in der Julikrise. Das Attentat auf den österreichischen Thronfolger Franz Ferdinand und seine Frau in Sarajewo stellte am 28.6.1914 den Anlass des Ersten Weltkriegs dar. Darauf folgte eine Zusischerung der deutschen Bündnistreue an Östeerreich-Ungarn mit dem „Blankoscheck“ am 5.7.1914. Danach gab Östrreich-Ungarn ein Ultimatum an Serbien ab und brach ohne auf die serbische Antwort einzugehen am 23.7. 1914 die diplomatische Beziehung ab und mobilisierte zudem zum Teil das Heer. Am 28.7.1914 gab Österreich-Ungarn eine Kriegserklärung an Serbien ab, und da Russland eine Gesamtmobiolmachung vornahm (30.7.1914) erklärte Deutschland erst Russland und dann Frankreich den Krieg (1.8.1914/ 3.8.1914). Da Deutschland gemäß dem „Schlieffenplan“ erst Frankreich über das neutrale Belgien angriff und sich dann an Russland wenden wollte, erklärte Großbritannien, das der Neutralität Belgiens verpflichtet war, Deutschland am 4.8.1914 den Krieg. Am selben Tag beschlossen die Fraktionen im deutschen Reichstag „Burgfrieden“ und somit politische Angelegenheiten von nun an im Interesse des zu gewinnenden Krieges zu lösen.
Der Erste Welktrieg Klausur – Aufgabe 3
Der Autor kritisiert in seiner wissenschaftlichen Abhandlung die Beantwortung der Kriegsschuldfrage, kann jedoch nicht durchgängig mit seiner Argumentation überzeugen.
Zwar kann ich mögliche Probleme, die der Autor sieht, nachvollziehen, aber diese erscheinen nicht immer unumgängig. Beispielsweise spricht der Autor in Zeile 25 von Vorurteilen. Jedoch denke ich das Historikern aus heutiger Sicht die Möglichkeit haben ein differenziertes Urteil zu fällen, ohne, dass sie sich von Vorurteilen lenken lassen.
Vorallem kann ich mich dem Autor nicht anschließen, wenn er den Ersten Weltkrieg als Tragödie und nicht als Verbrechen sieht. Wenn ich bedenke, dass im Ersten Weltkrieg 10 Millionen Menschen gestorben sind, würde ich dieses sehr wohl als Verbrechen bezeichnen und gerade damit sich so etwas nicht wiederholt, sollte eine differenzierte Kriegsschuldfrage beantwortet werden.
Wenn man bedenkt, dass sich ein Weltkrieg 1939 wiederholt hat kann das nicht zuletzt auch an der undifferenzierten Beantwortung der Kriegschuld des Versailler Vetrages liegen in welchem nur das Deusche Reich und seine Bündnispartner moralisch die Verantwortung tragen. Gerade aus heutiger Sicht werden sogar Menschen, die zum Beispiel nichts gegen den Holocaus unternommen haben, zugeschaut aber nicht aktik teilgenommen haben, als Mitschuldige bezeichnet. Daher kann man erst recht keine Macht, die ihre Truppen gegen andere Länder kämpfen ließ und so aktiv am Geschehen teilhaben ließ, komplett aus der Verantwortung ziehen. Dadurch, dass Christopher Clark den Ersten Weltkrieg jedoch mehr als Tragödie und nicht als Verbrechen gesehen hat, wäre eine solche Diskussion nicht möglich.
Auch finde ich seine These, dass die Deutschen in den Krieg als „Schlafwandler“ (Z. 57) gezogen sind nicht überzeugend. Zwar wurde ihnen ein kurzer Krieg versprochen, jedoch gab es zumindest zum Teil Kriegseuphorie und viele Freiwillige, die sich zum Krieg meldeteten.
Das größte Problem sehe ich darin, dass der Autor viele wichtige Zusammenänge überhaupt nicht berücksichtigt. Als Ursache nennt der Autor die Furcht vor „grausamer politischen Kultur“ (Z. 50). Doch bedenkt man beispielsweise die Rivalitäten im Flottenrüsten zwischen Großbritannien und Deutschland denke ich dabei an Machtinteresse und keinesfalls an Furcht. So ging es auch in den Marokkokrisen (1905/1911) und in den Balkankriegen (1912/1913) um Machtausweitung und das Eigeninteresse. Außerdem bringt er auch die überstürzten Ultimaten und Mobilmachungen in der Julikrise sowie die zwei Bündnisbklöcke nicht in seine Überlegungen mit ein. Aus heutiger Sicht möchte ich nochmals betonen, dass gerade das Eigentinteresse, das sich in der Kolonialpolitik, in Bündnissystemen aber auch in vielen Krisen zeigte, als ein Verbrechen bezeichnet werden müsste, und man daher die Schuldfrage unbedingt beantworten sollte, indem jedem Land zumindest eine Teilschuld auf Grund des dauerhaftem Eigeninteresse zugesprochen werden müsste. Zusammenfassend kann ich auf Grund der kaum einbezogenen Ursachen des ersten Weltkriegs und der sehr kritischen Haltung zur Beantwortung der Kriegsschuldfrage die Meinung des Autors nicht teilen.