Der Chandosbrief wurde von Hugo von Hofmannsthal im Jahre 1902 veröffentlicht. In diesem Brief nimmt er die Position des Lord Chandos an, der im Jahre 1603 an seinem Mentor Francis Bacon, welcher Philosoph sowie Wissenschaftler ist, schreibt. Lord Chandos schildert in seinem Schreiben seine persönliche Krise, als Folge der Unzugänglichkeit der Sprache und begründet damit seinen völligen Rückzug vom literarischen Schaffen. Er blickt dabei auf seine früheren Werke zurück und stellt fest, dass er sich von seinen Plänen, die er mit seinem Mentor erstellt hatte, distanziert hat. Er beschreibt sich als kraftlos und dass er nicht mehr in der Lage sei zusammenhänge denkend oder sprechend dar stellen zu können. Das läge vor allem daran, dass die Menschen den Drang haben neue Sachen neu zu benennen und in diesen neuen Worten stecken Empfindungen mit, die eine Objektivität unmöglich machen. Sprache schafft für ihn keine Ordnung sondern löse nur Unordnung aus. Diese Unordnung verursacht in ihm eine Gleichgültigkeit und Leere, die er zu verbergen versucht. Er sucht Zuflucht in der Religion, stellt jedoch schnell fest dass weder die Religion sowie Menschen ihm keinen Trost spenden. Aus diesem Grund distanziert er sich von beiden. Lord Chandos kommt zu dem Entschluss, dass er in keiner der ihm bekannten Sprachen mehr schreiben, geschweige die Realität erfassen könne und er deshalb das Schreiben aufgibt.
Bezug zu Hugo von Hofmannsthal
Der Chanosbrief ist als Manifest der Sprachkritik in die Geschichte eingegangen. Die Figur des Lord Chandos trägt autobiografische Züge des Dichters Hugo von Hofmannsthal. Dieser zweifelte nämlich daran, dass man die Wirklichkeit objektiv erfassen kann und nicht mit der Sprache sowie mit der Literatur abbildbar sei. Für ihn sind es alles individuelle Wahrnehmungen, deshalb ist der Mensch nicht in der Lage mit der Sprache ein Geschehen oder die Wirklichkeit angemessen wiederzugeben. Hofmannsthal forderte ein genaues Hinsehen, seines Erachtens achten Menschen nicht mehr auf die exakte Bedeutung eines Wortes.